Die aktuellen Herausforderungen der Energieversorgung

DIGITAL INSIGHT

EIN ÜBERBLICK ZUR VERSORGUNGSSICHERHEIT AUS DER PERSPEKTIVE DER STADTWERKE UND ENERGIEVERSORGER

ls Unternehmen, das sich bereits viele Jahre mit Themen wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung in der Energieversorgung beschäftigt, stellen auch uns die aktuellen Ereignisse in der Ukraine vor viele Fragen. Unter anderem wie wir unterstützen können oder auch wie die Stadtwerke mit den derzeitigen Herausforderungen zu Lieferfähigkeit und Versorgungssicherheit umgehen.

Der Konsens der Versorger

In den Pressemitteilungen verschiedener regionaler Versorger zeichnet sich allerdings ein eher beruhigendes und klares Bild ab. Beispielsweise im Statement der Stadtwerke Tübingen[1] werden die kurz- und mittelfristigen Konsequenzen des Konfliktes zwar als äußerst ernst eingeschätzt, jedoch sei die Erdgasversorgung der Region Tübingen nicht gefährdet. Dies zeigt sich gerade darin, dass die jetzigen Preissteigerungen noch keinen Einfluss auf die Erdgastarife des Versorgers haben. Zu dem gleichen Schluss gelangen ebenso die Stadtwerke Bonn[2]. Gerade eine nachhaltige Einkaufs- und Beschaffungsstrategie auch abseits der jeweiligen Börsenpreisentwicklung, also die Mengen an Erdgas und Strom über unterschiedliche Zeitpunkte hinweg verteilt zu erwerben, wirke hier kurzfristigen Effekten bei regionalen Versorgern entgegen[3]. Auch die in Deutschland vorhandenen Speichermengen an Erdgas helfen in der momentanen Heizperiode über die gegenwärtigen Anforderungen an die Beschaffung bei einem kompletten Lieferstopp Russlands hinweg. Mittel- und langfristig wird jedoch das schon jetzt spürbar gestiegene Preisniveau im Einkauf von Energieträgern erwartbar hoch bleiben. Dies soll dennoch nicht dazu führen, dass der Endverbraucher bei Zahlungsengpässen die sofortige Abstellung von Strom oder Erdgas befürchten muss. Umso mehr blicken Versorger nun auf Alternativen. Dies können zum einen der Bezug von Gas aus überwiegend niederländischen Quellen bei verschiedenen Händlern und Importeuren wie zum Beispiel bei den Stadtwerken Bonn sein, der Ausbau von LNG-Terminals in Brunsbüttel zur Steigerung von Lieferkapazitäten oder aber die Nutzung existierender fossiler Energiequellen sowie die Intensivierung des Ausbaus neuer, regenerativer Energiequellen[4]. Auch der Stopp des Zertifizierungsprozesses von Nord Stream 2 hätte dann aufgrund vielfältiger alternativer Maßnahmen nur beschränkten Einfluss auf die Bereitstellung von Energie durch die Stadtwerke. Grundlegend sei somit in der Gesamtheit eine Gefährdung der Versorgungssicherheit aus Sicht der Stadtwerke bislang nicht zu beobachten. Dennoch sind mittel- und langfristige Auswirkungen auf die Energiewirtschaft auch für die Stadtwerke nicht auszuschließen.

Jeder Beitrag zählt

Zusammenfassend ist es somit wichtig als regionaler Stromanbieter sowie als regional bedeutsamer Arbeitgeber kurz-, mittel- und langfristig die Gesichtspunkte stets zu hinterfragen, die Auswirkungen zu diskutieren und optionale Ansätze zu beachten. Wie oben bereits erwähnt, setzen viele Stadtwerke und Energieversorger nach wie vor auf eine langfristige Beschaffungsstrategie und auf Investitionen in neue Technologien. Am Beispiel der Ukraine ist erkennbar, dass mittelfristig eine Diversifikation von Lieferquellen immer relevanter wird. Zugleich kann aber auch die Gründung von größeren Einkaufsverbünden neue Chancen bieten und die marktpreisstabilisierende Positionierung gegenüber den Erzeugern, Importeuren und Handelsplätzen ermöglichen. Kurzfristig ist außerdem der Einsatz von Kleinstmaßnahmen wie die endverbraucherwirksame Kommunikation von Energiesparpotentialen denkbar, um in Kommunen und Regionen die Kund*innen zu sensibilisieren.

Unserer Expertise nach ist es wichtig, vernachlässigte unternehmensinterne Potentiale zu nutzen, Mitarbeiter*innen aufzuklären und für deren Vertrauen zu sorgen. Denn auch sie können entscheidende Multiplikatoren sein. Initiieren Sie daher beispielsweise Online-Konferenzen, in denen Sie Mitarbeiter*innen über Potenziale jedes Einzelnen informieren, gleichwohl deren Tätigkeitsfelder eher „in der Fläche“ liegen. Stellen Sie ergänzend Informationen und zuverlässige Quellen im Intranet Ihres Versorgungsunternehmens zur Verfügung, um so für interne Vernetzung sowie den Austausch zu Organisationen in der Region bzw. zu anderen (Kunden-)Unternehmen zu sorgen. Abschließend kann der Einsatz von kleinen heterogenen Projektgruppen, die eben aus diesen Vernetzungen entstehen, Synergien für Ihr Stadtwerk und die dazugehörige Energieversorgung Ihrer Region schaffen.

Die Zeit des Wandels ist da

Dieser wird nicht nur spürbar in den Unternehmen sondern auch in der Politik. Denn um eine größere gesamteuropäische Unabhängigkeit bei der Energieversorgung zu erreichen, stellte die Europäische Kommission am Nachmittag des 8. März 2022 ihre neuen Pläne vor. Ziel muss jetzt eine breit aufgestellte Versorgung weg von der Abhängigkeit einzelner Länder und „hin zu zuverlässigen Lieferanten“ sein, betonte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Zudem wird ein Pakt für erneuerbare Energien geschlossen, um gerade die im Fokus stehende Gasnutzung zu reduzieren und etwa Solarenergie und Windkraft voranzutreiben. „Die Abhängigkeit von russischen Gas-, Öl- und Kohleimporten schrittweise abzubauen“ ist auch ein Ziel einer gemeinsamen Erklärung der Staats- und Regierungschefs der EU-Länder beim Zusammentreffen in Versailles. Es ist daher Zeit, dieser gesamteuropäischen Verantwortung gerecht zu werden.

Auch wir als QUANTIC Digital werden unsere Partner aus der Energieversorgungsbranche weiterhin dabei unterstützen, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern sowie Nachhaltigkeit und Digitalisierung als Option für eine erfolgreiche Gestaltung unserer individuellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zukunft zu verstehen.

Quellen

[1] Stadtwerke Tübingen, unter: https://www.swtue.de/unternehmen/aktuell/neuigkeiten/detail/sichere-versorgung-in-unsicheren-zeiten-stadtwerke-tuebingen-ueber-herausforderungen-im-zuge-der-ukraine-krise.html, 01.03.2022.

[2] General-Anzeiger Bonn, unter: https://ga.de/news/wirtschaft/regional/stadtwerke-bonn-ukraine-krise-trifft-auch-regionale-energieversorger_aid-66546117, 23.02.2022.

[3] TVA Ostbayern, unter: https://www.tvaktuell.com/stadtwerke-kelheim-informieren-zu-auswirkungen-des-krieges-auf-energiewirtschaft-469179/, 07.03.2022

[4] ZDF heute Journal, unter: https://www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/das-energie-dilemma-100.html, 01.03.2022

An der Energiewende sind unzählige Menschen und Unternehmen beteiligt. Die Technologien sind einsatzbereit, sie sind preiswert und können sofort ausgebaut werden.

Claudia Kemfert

Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin

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