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Eine erfolgreiche Change-Story wird immer von den Gewinner*innen geschrieben, nämlich von denen, die Lern- und Veränderungsprozesse anstoßen, neue Ideen vorantreiben und hochgesteckte Ziele verfolgen. Scheitert ein Change-Projekt, ist der ambitionierte Change-Manager der Verlierer der Geschichte und jene, die an altbewährten Mustern und Traditionen festhielten, werden den Sieg für sich verbuchen.
Damit entsteht häufig ein Spannungsverhältnis zwischen den Kreativen und Begeisterten auf der einen Seite, die angesichts der Veränderungen in ihrem Umfeld radikale Innovationen verfolgen sowie neue Prozesse definieren. Auf der anderen Seite stehen die Konservativen und Zurückhaltenden, die das Bestehende wahren, sich auf die kontinuierliche Verbesserung bewährter Prozesse konzentrieren und Veränderungen vor allem mit Widerstand begegnen.
Widerstand gehört jedoch zu jeder großen Veränderung, denn die unbewusste innere Prüfung auf Bedrohung in neuen Situationen ist ein menschlicher Urinstinkt. In Change-Projekten wird Widerstand oft als störend empfunden und als Abwehrverhalten oder Lernunwilligkeit eingestuft. Dabei hat Widerstand auch im Change Management eine sinnvolle Funktion, denn:
Gerade in konflikthaften Phasen eines Change-Projekts machen Führungskräfte oft den Fehler, berechtigte Einwände als Widerstand zu missdeuten. Hier ist es wichtig, den Unterschied zwischen berechtigten Einwänden und Widerstand mit vorgeschobenen Argumenten zu klären. Während vorgeschobene Argumente mal diese und mal jene Position annehmen und eigentlich schon ausdiskutierte Themen mit geringfügigen Veränderungen wieder auf den Plan rufen, äußern berechtigte Einwände konstruktive Kritik, die auch nach einiger Diskussionsdauer noch Bestand hat.
Werden die positiven Effekte nicht genutzt, wirkt sich Widerstand in Change-Prozessen aber vor allem negativ auf die Veränderungsprozesse aus. Er manifestiert sich zum Beispiel in mangelnder Kooperation in Workshops, verdeckter Kritik, Aufbau von Konfliktherden, Abkapslung von Projektgruppen oder übermäßigen Fokus auf Risiken gegenüber Chancen.
Zeichnen sich zögerliche oder deutlich kritische Haltungen bei Projektbeteiligten ab, ist eine schnelle Klärung derer Sorgen, Wünsche und Motive unerlässlich für den Erfolg eines Veränderungsprojektes. Dabei ist ein respektvoller Umgang mit den Betroffenen und die Verteilung konstruktiver Rollen und Aufgaben wichtig. Die Führungsebene muss hier die Verantwortung übernehmen, einen pragmatischen Konsens zwischen Widerstand und der Freude über Veränderung herstellen und gemeinsame Lernprozesse anstoßen.
Wichtig ist zu verstehen, dass alle Parteien im Change-Projekt in gleicher Weise Lernpotenziale ausschöpfen sollten. Mitarbeiter*innen, die dem Change-Prozess kritisch gegenüberstehen, müssen sich angewöhnen, ihre Kritik konkret zu formulieren und konstruktiv einzubringen. Außerdem werden Sie nicht umhinkommen, aus ihrer Komfortzone zu treten und Innovationen auszuprobieren. Mitarbeiter*innen, die innovative Ideen vorantreiben und den Change-Prozess mitgestalten wollen, müssen verstehen, wie sie ihre Visionen verkaufen, den Nutzen verständlich aufzeigen und Kritiker*innen ernst nehmen können. Ambivalente Mitarbeiter*innen, die mit aktuellen Prozessen zufrieden sind, müssen begreifen, dass es keine Sicherheit für vorhandene Strukturen gibt und dass die geplante Veränderung eine Verbesserung für sie mit sich bringt. Neue Mitarbeiter*innen müssen lernen, Respekt für vorhandene Kompetenzen zu zeigen, die Erfahrungen alteingesessener Mitarbeiter*innen für sich zu nutzen und mit diesem Wissen Erfolge weiter aufzubauen. Nicht zuletzt liegt der Erfolg in der Erkenntnis, dass lernen im Change-Prozess eine Gemeinschaftsaufgabe ist.
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Theresia Röger